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#16 Panic Mode?


Wir leben in herausfordernden Zeiten. Viele machen sich Sorgen über die Gasrechnung, den Arbeitsplatz, Inflation und Krieg. Obendrauf rumpelt es mächtig an den Börsen, und die Politiker und Medien machen schon wieder Panik wegen Corona.


Gerne möchte ich meine Erwartungen an die kommende Zeit mit euch teilen – mit dem Hinweis, dass ich keine Kristallkugel habe und letztendlich jeder Verantwortung für sich selbst, sein Handeln, seine Entscheidungen und seine Finanzen übernehmen muss.



Was passiert gerade?

Die anhaltend hohe Inflation ist eine reelle Bedrohung für unseren Wohlstand und unsere Gesellschaft. Denn hohe Inflation entwertet nicht nur unser Geld und damit auch unsere Arbeit, sie birgt auch enormen gesellschaftlichen Sprengstoff, da die Werthaltigkeit einer Währung stets eng mit der Glaubwürdigkeit des Staates verbunden ist. Zum Beispiel bereitete die Hyperinflation in den 1920er Jahren den Boden für Hitlers Machtergreifung, indem das Vertrauen in die demokratische Regierung der Weimarer Republik erschüttert wurde.


Um zu verhindern, dass die aktuelle Inflation weiter ausufert, erhöhen die Zentralbanken, insbesondere die amerikanische, nun die die Zinsen. Dies ist der Grund für die Turbulenzen an den Börsen – und führt ebenso dazu, dass Unternehmen und Bürger schwerer an Kredite kommen und deswegen weniger investieren können. In Kombination mit der Energiekrise hier in Europa wird dies höchstwahrscheinlich zu einer Rezession führen, welche auch Arbeitsplätze kosten wird.


Die Hoffnung der Zentralbanken ist, dass dieser wirtschaftliche Abschwung dazu führt, dass die Menschen weniger konsumieren und dass damit die Inflation gesenkt wird – zumindest ein bisschen. Im Grunde hilft die Inflation den Zentralbanken und Regierungen, da sie die Schuldenlast des Systems verringert. Sie darf aus Sicht der Zentralbanken nur nicht so hoch sein, dass es die Bürger wütend macht und damit das System destabilisiert. Da aktuell die Inflation jedoch eindeutig zu hoch ist, wird es wahrscheinlich weitere Zinserhöhungen geben, und somit kann es auch erst einmal turbulent an den Börsen bleiben.


Die große Herausforderung hier in Europa ist, dass wir zu wenig Energie haben. Die Hoffnung, bald all unsere Energie aus erneuerbaren Energien beziehen zu können, erweist sich als naiv, und ohne russisches Gas haben wir ein signifikantes Defizit. Hierfür sehe ich leider keine schnelle Lösung. Selbst wenn wir den Winter überstehen, werden Strom und Gas knapp und teuer bleiben, was die Menschen belastet und die Wettbewerbsfähigkeit Europas schwächt.


Eigentlich bestünde eine große Chance für Europa, wieder mehr Fertigung und damit Arbeitsplätze hier anzusiedeln, denn die zunehmenden Spannungen zwischen dem Westen und China führen dazu, dass zum einen keine neue Fertigung nach China verlegt wird. Zum anderen ist zu erwarten, dass eine Menge an Produktion wieder aus China ausgelagert werden wird. Dieses sogenannte „re-shoring“, also die Verlagerung von Produktion in den eigenen Kontinent, würde eine Menge Investitionen und Arbeitsplätze bedeuten. Es setzt nur voraus, dass wir eine Lösung für unser Energieproblem finden.


Langfristig betrachtet, beschleunigen solche Krisen immer die Innovation und den technischen Fortschritt – der Mensch ist sehr anpassungsfähig und hat schon ganz andere Krisen überstanden. Insbesondere Deutschland hat ein enormes Schaffenspotential und hat sich in der Vergangenheit immer wieder von Krisen erholt und neue Stärke erreicht. Es besteht nur die Gefahr, dass es sehr viele Jahre dauert, bis es wieder besser wird.



Finanzen

Das aktuelle Geschehen beleuchtet, wie wichtig es ist, ein Notfallkonto zu haben, welches im Idealfall so viel Geld umfasst, dass man ein paar Monate ohne Einkommen auskommt. Dieses bietet Sicherheit und kann in der aktuellen Zeit auch gerne etwas größer sein. Überhaupt ist es aktuell ratsam – wenn man es schafft, einen höheren Cash-Bestand zu haben, nicht zuletzt, da in Deutschland erhebliche Nachzahlungen für Strom- und Gas auf uns zukommen.


Vor dem Hintergrund eines möglichen Blackouts lohnt es sich in der aktuellen Zeit auch, etwas mehr Bargeld als üblich zuhause zu haben, sodass man auch mal ein paar Tage ohne EC-Karte auskäme. Geld, das man darüber hinaus übrig hat oder monatlich erspart, sollte investiert werden, sobald man ein ausreichend großes Notfallkonto hat.


Dieses Jahr ist insofern besonders, als dass Anleihen, welche immer als risikoarm galten, genauso, wenn nicht mehr, verloren haben als Aktien. Es gab dieses Jahr nichts, wo man sich vor dem Hagel an den Börsen unterstellen konnte. Anleihen, Aktien, Bitcoin, alles ist stark gefallen. Lediglich der US Dollar hat an Wert gewonnen – und Gold zumindest nicht viel verloren (aus Sicht eines Euro-Anlegers). Das ist in Anbetracht von Inflation, Krieg und Rezession auch alles nicht verwunderlich. Ich finde es sogar erstaunlich, dass der Vanguard FTSE All Share ETF, welchen ich in der Vergangenheit bereits vorgestellt habe, dieses Jahr lediglich um 11 % gefallen ist (aus Sicht eines EURO-Investors).


Wie geht es weiter? Nun, solange die Zentralbanken die Zinsen erhöhen (und auch noch eine gewisse Zeit danach), kann es turbulent an den Märkten bleiben. Während sich jedoch die Aktienkurse wieder erholen können – und irgendwann auch werden (die Frage ist nur, wie lange dies dauert), ist der Kaufkraftverlust von Geld, also Euros, permanent. Währungen haben in der Vergangenheit, bis auf ein paar kurze Ausnahmen, niemals ihren Verlust an Kaufkraft wieder aufgeholt. Deshalb bietet die Anlage in reale Werte wie z.B. Aktien, Gold, Bitcoin und Immobilien langfristig die einzige Möglichkeit, die Kaufkraft seines Kapitals zu erhalten bzw. zu mehren.


Es kann sein, dass Aktien noch weiter fallen, und ich gehe auch davon aus, dass sie sich dieses Mal nicht so schnell wie in der Vergangenheit erholen werden, da die Zentralbanken bei einer anhaltend hohen Inflation nicht so wie in der Vergangenheit unterstützen können. Im schlimmsten Fall dauert es Jahre, bis der breite Aktienmarkt neue Höchstständer erreicht. Da man dies alles aber nicht vorhersagen bzw. timen kann und es keine guten Alternativen gibt, sollte man einfach durchhalten, nicht verkaufen, es sei denn, man braucht kurzfristig das Geld, und monatlich weiter einen Aktien ETF besparen. Denn irgendwann werden Aktien wieder steigen, während der Kaufkraftverlust eines Euros permanent ist.


Wie schon oft geschrieben, sollte jeder einen monatlichen ETF-Sparplan (geht ab 25 Euro im Monat) auf einen breiten Aktienindex wie z.B. den MSCI World oder den Vanguard FTSE All Share haben. Wenn die Kurse - wie aktuell - fallen, sollte man sich, statt sich zu ärgern oder im schlimmsten Fall sogar zu verkaufen, freuen, dass man günstiger einkaufen kann. Denn für das Investieren in Aktien ist ein langfristiger Anlagehorizont das wichtigste, und wenn man diesen hat, kann man turbulente Phasen als Chance betrachten.


Auch wenn Gold, und insbesondre Bitcoin, in ihrer erhofften Funktion als Inflationsschutz bisher enttäuscht haben, denke ich dennoch, dass sie irgendwann einen Aufschwung sehen werden. Letztendlich zeigen die aktuelle Inflation, die geldpolitischen Experimente der letzten zehn Jahre sowie die hohe globale Verschuldung, wie vulnerabel unser Finanzsystem ist. Und umso schlimmer es wird, umso mehr werden Menschen nach Alternativen suchen, um den Erhalt ihres Ersparten zu gewährleisten, und so irgendwann auf Gold und Bitcoin stoßen. Da insbesondere Bitcoin bei weiteren Kapriolen an den Märkten auch noch tiefer fallen kann, bietet sich hier - ähnlich wie bei Aktien - eine Durchschnittsbildung beim Kaufkurs an, indem man fortlaufend kleinere Beträge investiert.

Was uns in den nächsten Jahren droht, ist eine schleichende Enteignung der Sparer durch die Inflation. Dieser Prozess ist der einzige Ausweg für die Regierungen und Zentralbanken, nämlich das System über eine anhaltend hohe Inflation zu entschulden – auf Kosten der Sparer und Anleiheninhaber.


Sowohl Bitcoin als auch physisches Gold und Silber bieten zudem die Möglichkeit, Wertgegenstände außerhalb des Bankensystems zu halten. Wenn man überschüssiges Kapital und einen langen Anlagehorizont hat, halte ich es für eine gute Idee, neben einem Aktien-ETF auch in physisches Gold und Silber sowie Bitcoin zu investieren.


Was kann jeder einzelne sonst tun?

Der US-amerikanische Demograph Neil Howe entwickelte in den 80er Jahren eine Theorie namens „Fourth Turning“, welche die aktuellen Entwicklungen erstaunlich akkurat vorhersagte. Ich ermutige jeden, sich etwas mit dieser Theorie zu beschäftigen, da sie viele der Dinge, die aktuell passieren, erklärt und auch aufzeigt, wie es in den nächsten Jahre weitergehen könnte.


Die Theorie besagt, dass alle 80 – 100 Jahre eine Zeit des Umbruches kommt, welche sehr turbulent ist, meist mit internem oder externem Konflikt einhergeht und in welcher alte Strukturen und Institutionen abgerissen werden – und neue, zeitgemäßere geschaffen werden. Diese Umbruchperioden (zuletzt von Mitte der ´20er bis Mitte der ´40er Jahre, davor um den amerikanischen Bürgerkrieg), dauern meist 20 Jahre. Laut Howe startete die aktuelle Periode um die große Finanzkrise 2008/9 herum.


Demnach würde es bis Ende des Jahrzehntes noch turbulent bleiben, wobei sich die Dinge gen Ende meist noch einmal intensivieren. Um sich in dieser Zeit zu schützen, ist es wichtig, sich in eine Gemeinschaft von Menschen einzubringen, in der man sich gegenseitig unterstützt, hilft und Mut macht. Freunde, Familie, Nachbarn, Kollegen; das nahe Umfeld ist sehr wichtig – man muss auf sich gegenseitig achtgeben, denn es kann sein, dass es Zeiten gibt, in denen man sich nicht auf den Staat verlassen kann. Deshalb ist es umso wichtiger, Eigenverantwortung zu übernehmen; Verantwortung für sich selbst, sein eigenes körperliches und seelisches Wohl, seine Arbeit, sein Geld, seine Familie und sein Umfeld.


Es gilt in „Fourth-Turnings” auch, achtsam zu sein und zu schauen, dass uns Errungenschaften wie Freiheit und Demokratie erhalten bleiben, den in der Vergangenheit wurden diese Umbruchsphasen oft genutzt, um Menschen auszugrenzen und zu unterdrücken. Gerade bauen Regierungen weltweit ihren Einfluss auf die Wirtschaft und über das Leben der Menschen aus. Dies birgt enorme Risiken, wie der Blick in die Vergangenheit zeigt. Deshalb gilt es aktuell wachsamer denn je vor einem übergriffigen Staat zu sein und die individuelle Freiheit sowie die Marktwirtschaft vehement zu verteidigen. Welche verehrenden Auswirkungen ein zu mächtiger Staat haben kann, liefert der Blick in die Ferne. China und Venezuela sind hier besonders abschreckende Beispiele.


Veränderungen sind aber auch immer eine Chance – und gerade „Fourth-Turnings“ bieten die Möglichkeit, eine neue, heilere Welt mitzugestalten, da ganz viel Altes verschwindet und Neues erschaffen wird.


Um eine bessere Welt zu erschaffen, müssen wir uns diese auch vorstellen. Wir sollten uns deshalb überlegen, in was für einer Welt wir leben wollen, wie ein Leben in Fülle, Freiheit und Einklang mit der Natur aussehen könnte. Wenn jeder eine positive Vision für den Planeten entwickelt, wird es viel einfacher sein, diese auch zu umzusetzen.


Schlusswort

Die kommenden Jahre können, ähnlich wie dieses, herausfordernd sein. Deshalb muss man jetzt auf sich aufpassen, klug sein und zusammenhalten. Irgendwann wird auch dieser Sturm vergehen – und dann kommt eine neue, schöne Zeit, für die zu kämpfen sich gelohnt hat.

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